Ein fotografisches Langzeitprojekt über Orte, Menschen und Geschichte
Der Teltowkanal schlängelt sich eher unspektakulär durch den Berliner Süden. Er verbindet Spree und Havel, durchquert Wohngebiete, Industrieareale, Grenzlandschaften, Waldstücke. Für viele ist er einfach da – still, funktional, unscheinbar. Und doch erzählt er, wenn man genau hinsieht, eine vielschichtige Geschichte: von Industrialisierung, Kriegswirtschaft, Teilung, Flucht, Überwachung – aber auch von Natur, Erholung und Wandel.
Ich habe vor einigen Monaten begonnen, mich fotografisch mit diesem Ort auseinanderzusetzen. Was ursprünglich als spontane Bildstrecke geplant war, ist schnell zu einem Langzeitprojekt geworden, das mich über die nächsten Jahre begleiten wird – immer wieder, wenn Raum und Zeit dafür da sind, parallel zu meinen anderen Arbeiten.
Der Teltowkanal ist dabei nicht nur das sichtbare Motiv, sondern eine Erzähllinie, entlang der ich verschiedene Zeitschichten, biografische Fragmente und historische Orte sichtbar machen will.
Ein technisches Bauwerk mit politischer Bedeutung
Der Teltowkanal wurde zwischen 1900 und 1906 erbaut – als Antwort auf die zunehmende Industrialisierung in Berlin und die Notwendigkeit, Schwerlastverkehr zu Wasser zu organisieren. Doch er ist mehr als ein Verkehrsweg.
Bereits in der NS-Zeit war er Teil der Aufrüstung und wurde strategisch genutzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er dann zur Grenze zwischen Ost und West. Zwischen Kleinmachnow und Teltow verlief die DDR-Grenze mitten im Wasser. Der Kanal wurde vermint, überwacht, zum Schauplatz von Fluchten und tödlichen Versuchen, die Grenze zu überwinden.
Er war eine sichtbare Trennlinie – und zugleich eine unterschätzte Lebensader. Bis heute spiegelt er politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen wider.
Diese historischen Tiefenschichten sind für mich ein zentraler Ausgangspunkt: Wie viel Vergangenheit steckt in einem Ort, den viele heute kaum wahrnehmen? Was bedeutet Erinnerung, wenn sie keine Denkmäler hat, sondern aus Beton, Uferböschungen und vergessenen Mauern besteht?
Eine stille Linie, vollgeladene Räume
Das Projekt ist offen und stationsweise aufgebaut. Ich arbeite mich nicht systematisch von A nach B vor, sondern folge Spuren, Gesprächen, Eingebungen.
Ich dokumentiere:
- Topografien und heutige Nutzungen des Raums
- historische Relikte wie Schleusen, Brücken, Mauerreste oder Industrieanlagen
- und vor allem: Menschen und ihre Geschichten, deren Biografien sich mit dem Kanal kreuzen
Diese Mischung aus Orten, Spuren und Stimmen soll eine dichte, vielschichtige Erzählung ergeben – über das, was war, was geblieben ist, und was langsam verschwindet.
Warum Schwarz-Weiß?
Die Entscheidung, das gesamte Projekt in Schwarz-Weiß zu fotografieren, hat mehrere Gründe.
Zum einen schafft es eine ästhetische und emotionale Distanz, die die Bilder zeitloser und konzentrierter wirken lässt. Zum anderen erlaubt es mir, mich stärker auf Licht, Kontraste, Strukturen und Komposition zu fokussieren – und weniger auf Ablenkungen durch Farbe oder Zeitgeist.
Schwarz-Weiß ist in diesem Fall keine nostalgische Geste, sondern ein bewusster Zugang zur Reduktion.
Gespräche, Erinnerung, Kontext
Ein zentraler Bestandteil des Projekts sind auch die Gespräche mit Menschen, deren Leben mit dem Kanal verbunden ist – sei es durch Fluchtgeschichten, Arbeitsbiografien, Kindheitserinnerungen oder politische Auseinandersetzungen.
Diese Interviews erscheinen als Auszüge in den Blogbeiträgen – und in voller Länge in meinem neuen Podcast:
„Ein Schritt Zurück“
In diesem Podcast spreche ich über meine fotografischen Projekte, dokumentiere meine Recherchen, teile Gespräche mit Zeitzeug:innen, Expert:innen und anderen Beteiligten.
Langzeitprojekt – langsame Veröffentlichung
Dieses Projekt wird über Jahre wachsen. Ich werde es in Etappen auf diesem Blog dokumentieren – mit Fotoserien, Texten, Fundstücken und Reflexionen.
Wenn du dich für dokumentarische Fotografie, deutsche Geschichte, persönliche Perspektiven auf gesellschaftliche Themen und visuelles Erzählen interessierst, dann lohnt es sich, regelmäßig vorbeizuschauen.
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